Equal Pay Day: Was wir alle gegen die Lohnlücke tun können

Jedes Jahr Mitte März: Es ist wieder Equal Pay Day. Der symbolische Tag, bis zu dem eine Frau umsonst arbeitet, während ein Mann in der gleichen Position seit dem 1. Januar für seine Arbeit bezahlt wird. Denn Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Und in Führungspositionen klafft sogar eine Lohnlücke von 28 Prozent. Das heißt weibliche Führungskräfte müssten nicht nur bis zum 18. März, sondern sogar bis zum 13. April umsonst arbeiten.

Weil das eine unhaltbare Situation ist, habe ich einige Vorschläge, wie wir alle etwas gegen die Lohnlücke tun können.

Natürlich kommen jetzt die üblichen Erklärungsmodelle, warum es diese Lücke überhaupt gibt oder warum wir das doch nicht überbewerten sollten. Schließlich verlassen Frauen öfter und länger ihren Arbeitsplatz um sich um die Betreuung der Kinder zu kümmern, arbeiten mehr in Teilzeit für selbige Sorgearbeit und das haben wir alle schon gehört, können angeblich schlechter über ihr Gehalt verhandeln. Aber zur Gehaltsverhandlung komme ich später.

Das mag alles auf den ersten Blick einleuchten. Das ist eine Erklärung für die Lohnlücke, aber kein Grund, es nicht dennoch anzupacken und zu ändern. Die Fragen sind doch vielmehr:

Warum bleiben Frauen für die Kinderbetreuung zu Hause?

Sicherlich sehr oft, gerade weil der Mann bereits mehr verdient und es demnach unwirtschaftlich wäre den Hauptverdiener finanziell zu kappen. Ein klassisches Henne-Ei-Problem. Da haben Unternehmen eine große Verantwortung, denn „eine geringere Entlohnung von Frauen, aber auch das Vorenthalten von Boni und Sozialleistungen oder die Nicht-Berücksichtigung von Frauen bei der Führungskräfteentwicklung [haben] Folgen für deren berufliche Entscheidungen: In Paarbeziehungen liefern all diese Benachteiligungen von Frauen Argumente für eine Priorisierung der männlichen Karriere.“ (Bathmann, 2013)

Warum arbeiten mehr Frauen in Teilzeit als Männer?

Vielleicht weil sich viele Männer gar nicht trauen, von ihrem Arbeitgeber Teilzeit zu fordern. Es gilt noch als unmännlich in Teilzeit zu arbeiten. Zu Unrecht wie ich finde. Die „neuen Väter“, die lange Elternzeit nehmen und in Teilzeit arbeiten, sind leider einfach noch Exoten.

Wir können jedes Jahr wieder anlässlich des Equal Pay Day darüber diskutieren, warum Frauen im Beruf finanziell so viel schlechter dastehen oder wir bringen unseren Fokus endlich mal auf die Männer, die ihre Frauen in dem unterstützen, was sie brauchen: im Haushalt, beim Kinder ABholen, beim Verteilen der Elternzeit. Dann werden Frauen ganz automatisch mehr in ihrem Job arbeiten und noch sichtbarer in ihrer Arbeitswelt. Und im darauffolgenden Jahr geht der Kelch der Gehaltserhöhnung nicht an ihnen vorüber. So die Theorie.

Zum Thema Kinder abholen gibt es übrigens eine interessante Studie: Viel mehr Mütter holen die Kinder ab. Väter bringen die Kinder eher in die Kita oder Schule. So haben sie am Ende des Arbeitstages nämlich keinen harten Anschlag und können ihre Arbeit eher vollenden als die Mütter oder die ein oder andere Überstunde machen. Väter arbeiten statistisch sogar eine Stunde mehr pro Woche als ihre männlichen Kollegen ohne Kinder. Es sollte uns Müttern also zu denken geben, ob es so schlau ist, immer die Kinder abzuholen.

Was können wir alle also gegen die Lohnlücke tun?

Was können Unternehmen gegen die Entgeltungleichheit tun?

Logib-D

Zum einen sollten sie regelmäßig die Arbeits- und Leistungsbewertung sowie die gesamte Entgeltpraxis überprüfen. Vom Bundesfamilienministerium gibt es ein Online-Tool namens „Logib-D“ (http://www.logib-d.de/), das zur freiwilligen Analyse der geschlechtsspezifischen Entlohnungsstrukturen genutzt werden kann.

eg-check

Zusammen mit der Hans-Böckler-Stiftung wurde der „eg-check“ (www.eg-check.de) entwickelt. Dieser lässt Unternehmen prüfen, wie diskriminierungsfrei ihr Entgeltsystem ist. Auch vermeintlich geschlechtsneutrale Anforderungen und Kriterien, die Frauen und Beschäftigte mit Familienpflichten benachteiligen, werden identifiziert.

Sowohl Logib-D als auch eg-check bieten verschiedene Ansatzpunkte für Lösungsstrategien, das geschlechtsspezifische Lohngefälle im Betrieb zu verringern.

Transparenz

In Schweden ist es längst normal, dass alle Gehälter offen liegen. Bei Google oder dem Kondomhersteller Einhorn sind ebenfalls alle Gehälter für die Mitarbeiter einsehbar. Wenn ein Unternehmen die Entgeltgleichheit unterstützen und die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen möchte, dann sollte es den Mitarbeitern überhaupt erst einmal transparent machen werden, wer welches Gehalt bekommt. Nur so haben alle die gleichen Daten bei Gehaltsverhandlungen.

Stattdessen verstecken sich Arbeitgeber hinter Verschwiegenheitsklauseln aus Gründen des vermeintlichen unlauteren Wettbewerbs. Dabei hat nicht nur ein Gericht diese Klauseln im Arbeitsvertrag schon in Frage gestellt, da es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. (Urteil vom 21. Oktober 2009, Aktenzeichen 2 Sa 237/09).

Was können Männer gegen die Lohnlücke tun?

Unterstützung bieten

Männer können zuallererst ihre Partnerinnen darin unterstützen bei ihren Arbeitgebern besser dazustehen. Liebe Männer, nehmt mehr Kind krank-Tage, mehr Elternmonate, holt die Kinder öfter ab, reduziert auf Teilzeit, damit sie mehr Stunden arbeiten kann und übernehmt mehr Aufgaben im Haushalt und bei der Versorgung der Kinder.

Diese Forderung ist überhaupt nicht neu und dennoch notwendig. Und diese Forderung wertet auch Sorgearbeit in der Familie nicht ab, im Gegenteil diese Forderung bekräftigt wie wichtig eine partnerschaftliche Verteilung der elterlichen Pflichten sind und das dazu auch in großen Teilen der Vater gehört. Die meisten Kinder wünschen sich mehr Zeit mit ihrem Vater, nicht mit der Mutter.

Gehalt transparent machen

Um gegen die fehlende Gehältertransparenz vorzugehen, könnten auch männliche Kollegen ihrer weiblichen Kollegin – natürlich inoffiziell – verraten, wie hoch ihr Gehalt ausfällt. Für die Frau wird das in der nächsten Gehaltsverhandlung einen enormen Vorteil bringen und für den Mann auch. Schließlich hat er eine glücklichere Kollegin, die sich gleichwertig und anerkannt fühlt. Oder ihr entscheidet im Team, dass Gehälter von nun an offen gelegt werden.

Was können Frauen für mehr Gleichheit in der Bezahlung tun?

Am Wording arbeiten

Zunächst einmal sollte sich jede Frau dieser Lücke bewusst sein und sich kämpferisch geben, dass sie daran überhaupt etwas ändern kann. Hilfreich ist es am Wording zu arbeiten, denn das Wort „verdienen“ ist an dieser Stelle völlig fehl am Platz. Eine Frau verdient genauso viel wie ein vergleichsweise qualifizierter Mensch, ob Mann oder Frau. Eine Frau bekommt aber leider durchschnittlich nur 79% davon.

Vom Entgelttransparenzgesetz Gebrauch machen

Seit Januar 2018 können Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern erfahren, nach welchen Kriterien und Verfahren sie bezahlt werden. Sie können die Zusammensetzung des Entgelts einer vergleichbaren Tätigkeit erfragen und auch die Höhe, sofern mindestens 6 Personen des anderen Geschlechts die gleiche Tätigkeit ausüben, erfahren.

Die Anfrage wird vom Betriebsrat oder Arbeitgeber beantwortet. Hier findest Du die passenden Formulare des Entgelttransparenzgesetzes.

Leider wird durch dieses Vorgehen diejenige Frau in den Mittelpunkt gerückt, die mit ihrem Gehalt unzufrieden ist und deshalb einen Antrag auf Auskunft stellt. Nicht jede hat den Mut dazu. Es mag kein riesiger Schritt der Politik sein, aber es ist ein Anfang. Du solltest davon Gebrauch machen!

Im Geiste für eine andere Person verhandeln

Laut der Studie von Emily Amanatullah verhandeln Frauen nicht schlechter, sie verhandeln im Kontext. Das heißt, sie sind zurückhaltender, da sie bei ihrem Gegenüber Widerstand und Ablehnung erwarten, wenn sie größere Anforderungen stellen. Hingegen verhandeln dieser Studie zufolge Frauen besser, wenn sie für eine andere Person verhandeln. Dann verhalten sie sich nämlich erwartungskonform. In dem sie für jemand anderen Verantwortung übernehmen, bringen sie ihre fürsorgliche, mütterliche Seite nach vorn und für dieses Verhalten erwarten sie wiederum Anerkennung  von ihrem Gegenüber.

Frauen sollten sich demzufolge bei ihrer nächsten Gehaltsverhandlung vorstellen, dass sie für eine andere Person das Gehalt verhandeln. Außerdem empfiehlt es sich weniger emotional und bissig in die Verhandlung zu gehen. Manchmal braucht es Ausdauer. In diesem Buch von Shirli Kopelmann* lernst Du übrigens auf schlanken 100 Seiten wie Du angemessen verhandelst und dabei Du selbst bleibst, statt einem vorgegebenen Leitfaden zu folgen.

#100minutes

Ein wichtiger Schritt ist weiter auf die Lohnlücke aufmerksam zu machen und nicht locker zu lassen.

Daher habe ich den Hashtag #100minutes ins Leben gerufen, denn laut der Gender Pay Gap Statistik kann ein Mann in Deutschland 100 Minuten eher Feierabend machen als eine Frau und hat das gleiche Geld dafür bekommen. Bei einem 8 Stunden Tag und einem Arbeitsstart um 9 Uhr, kann ein Mann 15.50 Uhr den Stift fallen lassen, eine Frau erst 17.30 Uhr. Und das obwohl sie auch noch den größeren Teil im Haushalt und in der Kinderbetreuung übernimmt! Was würdest Du mit 100 Minuten mehr am Tag machen?

Nutze den Hashtag #100minutes und verbreite die Botschaft:

Statistisch muss eine Frau 100 Minuten am Tag mehr arbeiten um das gleiche Gehalt zu bekommen wie ein Mann. Wenn ein Mann 15.50 Uhr Feierabend machen kann, muss eine Frau bis 17.30 Uhr weiterarbeiten! Das muss sich ändern! Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen muss geschlossen werden! #100minutes #genderpaygap

Equal Pay Day: Was wir alle gegen die Lohnlücke tun können - zweitöchter

Literatur:

Bathmann, Nina; Cornelißen, Waltraud; Müller, Dagmar (2013): Gemeinsam zum Erfolg? Berufliche Karrieren von Frauen in Paarbeziehungen. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden (Deutsches Jugendinstitut e.V, 2), S. 360ff.

Holst, Elke/Busch, Anne (2010): Führungskräfte-Monitor 2010. Berlin: DIW

The Global Gender Gap Report 2017

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  4. Antworten

    Es ist ein Kreuz. Danke für den sehr guten Beitrag und die vielen Ideen! Man kann sich das Thema nicht häufig genug vor Augen führen. Insbesondere die Gehälter transparent zu gestalten würde ich sehr gut finden.

  5. Antworten

    Sehr informativ und top recherchiert. Auch wenn es an sich so traurig ist, dass Frauen schlechter bezahlt werden. Ein großes Problem aus meiner Sicht ist auch, dass es so wenig Teilzeitstellen gibt. Ich denke, dass viele Mütter bei dem Gehalt nicht so hoch gehen, um überhaupt einen Job zu bekommen. Das ist leider knallharte Marktwirtschaft. Ein großes Angebot an gut qualifizierten Müttern steht einer kleinen Anzahl an Teilzeitstellen gegenüber.

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