Herausforderungen müssen zu Forderungen werden: 100 Jahre Frauenwahlrecht

100 Jahre Frauenwahlrecht - zweitöchter

Am 12. November 2018 jährte sich das Frauenwahlrecht zum 100. Mal. Zeit zurückzublicken, was seitdem passiert ist.

Ich habe mit vier Mama-Bloggerinnen gesprochen und sie zu den Rechten der Frauen und deren Meinung zum Jubiläum des Frauenwahlrechts befragt. Herausgekommen sind spannende Ansichten und Impulse und warum es auch DICH betrifft! Aber lies selbst.

Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland

Der Kampf um das Frauenwahlrecht war lang. Das Frauenstimmrecht wurde von Akteurinnen verschiedener Flügel der Frauenbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts erstritten und erkämpft.

Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland: 100 Jahre Frauenwahlrecht - zweitöchter

Mit wem habe ich gesprochen?

Hanna von
Rubbelbatz

Inga Denise von BloggerMumof3Boys

Katharina von Kinderleute

Moana von
Miss Broccoli

Wenn Du an 100 Jahre Frauenwahlrecht denkst, was kommt Dir als erstes in den Sinn?

„Eigentlich ist erst eine recht kurze Zeit vergangen seitdem Frauen wählen dürfen“, stellt Inga Denise fest.

Moana vergleicht Deutschland und die Schweiz: „Da denke ich als erstes: cool, in Deutschland war es mal wieder früher, denn in der Schweiz dürfen Frauen erst seit 1971 wählen und abstimmen! Und wer hat es „erlaubt“? Die Männer natürlich. So oder so, wichtig ist, dass Frauen heute mitreden – das hätte man ja nie in Frage stellen dürfen. Es gibt aber wohl noch immer – auch nach 100 oder in der Schweiz nach 47 Jahren– viel zu tun.“

Auch wenn Deutschland zusammen mit den skandinavischen Ländern 1918 vergleichsweise früh dran war (Finnland 1906, Norwegen 1913, Dänemark 1915) das Frauenwahlrecht einzuführen, sind es doch die nachfolgenden Jahre, die entscheiden, wie sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft durch ihre nun legitimierte Mitbestimmung verändert.


Vor welchen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen stehen wir Frauen heute?

Vereinbarkeit

Katharina: „Wir stehen vor der Herausforderung einer echten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir Frauen stehen exklusiv vor der großen Herausforderung es zu einem gesamtgesellschaftlichen, also auch zu einem Männerthema zu machen.“

Chancengleichheit

Hanna: „Ich glaube, dass es heute schwerer denn je ist, den Menschen klar zu machen, dass da überhaupt noch Herausforderungen sind. Denn auf den ersten Blick wirken Mann und Frau doch sehr gleichberechtigt. Wir scheinen dieselben Chancen zu haben und sie einfach nur weniger wahrzunehmen. Erst auf den zweiten Blick, wenn man sich näher damit beschäftigt, kommen die kleinen, feinen Unterschiede hervor, die aber einen großen Effekt auf unser Leben haben können.“

Gleichberechtigung, keine „Gleichmacherei“

Inga Denise: „Ich bin für Gleichberechtigung, weil Männer und Frauen gleich wert sind. Ich bin allerdings gegen die Gleichmacherei. Frauen sollten die gleichen Rechte haben, aber ich befürchte, dass man dann an anderer Stelle zu weit geht und Rechte aufweicht, die nicht gleichgemacht werden sollten, wie zum Beispiel das Mutterschutzgesetz.

Bei dieser Gleichmacherei stört mich, dass oft erwartet wird, dass man sich dem momentan angesagten Familienbild anpasst. Ich bin aber immer für Wahlfreiheit. Ich bin weder für die Herdprämie, noch dafür, dass eine Frau nach 6 Wochen wieder arbeiten gehen muss. Aber bei absoluter Gleichheit befürchte ich, dass die Wahlmöglichkeit entfällt.“

Frauen in die Politik!

Moana: „In der Politik ist es wohl immer noch so, dass es mehr Männer als Frauen gibt, die politisieren, das ist schade. Da hoffe ich, dass mehr Frauen den Mut haben, diese Herausforderung anzunehmen, auch wenn sie beispielsweise eine Familie haben. Dasselbe gilt für Teilzeitarbeitsstellen.

Außerdem seit Frauen nicht mehr nur hinter dem Herd stehen, sondern neben Kinderbetreuung auch arbeiten oder politisieren, gibt es auch immer mehr Männer, die ein modernes Modell wählen (z.B. Teilzeitarbeit) doch auch hier sind viele Unternehmen nicht bereit, mitzumachen.“

Es fängt bei der Bildung an

Inga Denise: „Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass in den Köpfen der Menschen ankommt, dass Männer und Frauen gleich Wert sind, dass ihre Arbeit gleich wert ist, dass Frauen nicht in irgendetwas kognitiv unterlegen sind. Sie sind nicht gleich und sowohl bei Männern als auch Frauen gibt es Ausprägungen.

Und das ist auch eine Frage von Bildung. Das Wahlrecht hat in meiner gesamten Schullaufbahn keine Rolle gespielt. Es sollte mehr erklärt werden, dass das Wählen ein Privileg ist und dass unsere Meinung in der Masse zählt. Da müsste man früh ansetzen und Demokratie an Beispielen sichtbar machen und wie es vor dem Wahlrecht war.“

Alle Herausforderungen haben gemeinsam, dass Frauen aktiver und lauter werden müssen. 


Unsere HERAUSforderungen müssen zu Forderungen werden!

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Warum auch Papa kindkrank Tage nehmen sollte

Alice Schwarzer sagt: „Der konstituierender Kampf der neuen Frauenbewegung galt dem Recht auf eine selbstbestimmte Mutterschaft. Doch das Recht auf Abtreibung konnte in Deutschland nur sehr bedingt errungen werden und ist heute in höchster Gefahr. Es ist weltweit im Rückgang, bekämpft von religiösen Fundamentalisten – und kaum verteidigt von linken und liberalen Kräften. Der Fortschritt muss also wieder von den Frauen selbst verteidigt werden.“

Siehst Du das auch so?

Katharina: „Es wundert mich manchmal, dass wir noch über Abtreibung diskutieren müssen. Das zeigt aber, dass wir „alte“ Diskussionen immer wieder führen müssen, obwohl wir eigentlich auf dem Weg schon weiter wären.“

Inga Denise: „Ich sehe es noch nicht so akut. Ich sehe den Punkt, den Alice Schwarzer macht, ich glaube aber, dass wir noch nicht in diese Richtung tendieren. Ich fürchte, dass wenn gewisse Kräfte bei uns an die Macht kommen, dass es sich dann wieder rückwärts bewegen könnte.“

Steckt die Gefahr also in Strömungen wie der AfD?

Katharina: „Ich sehe die AfD nicht als Gefahr. Es gibt Menschen, die hat es schon immer gegeben und die wird es immer geben, die dagegen sind und die treffen sich im Moment in der AfD. Die AfD hat aber keine klare Linie, kein klares Konzept und keine klare Richtung.Und deswegen glaube ich, dass es das an Wählerstimmen bei der AfD war. Da wird nicht mehr dazu kommen.“

Oder eher im gesellschaftlichen Diskurs?

Inga Denise: „Ja, denn dieser wird immer weniger verbal geführt wird, sondern mit Androhung von Gewalt und noch mehr Gewalt. Das wird auch irgendwann mehr Frauen treffen, das betrifft bereits Frauen und da machen auch Frauen mit. So pessimistisch sehe ich die Zukunft nicht, aber wahrscheinlich werden am Ende wieder die Frauen kämpfen müssen. Da hat sie schon Recht. Weil es Männer auch einfach nicht nachvollziehen können.“

So schwarz wie Alice Schwarzer zeichnen die beiden die Situation noch nicht. Trotzdem sollten wir Frauen in Alarmbereitschaft sein, wenn Forderungen hervorkommen bereits hart erkämpfte Rechte der Frauen einzuschränken oder gar abzuschaffen.


Seid wachsam, wenn es um Frauenrechte geht!

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Equal Pay Day – Was wir alle gegen die Lohnlücke tun können

Politikerinnen wie Manuela Schwesig bemängeln, dass so wenige Frauen in den Parlamenten sind und daher frauenpolitische Themen so schwer erkämpft werden können.


Ist das wirklich der Grund?

Das Bewusstsein fehlt

Hanna: „Das ist sicherlich einer der Gründe, ja. Aber glaubt Frau Schwesig tatsächlich, dass auch alle Frauen für frauenpolitische Themen kämpfen würden? Das bezweifle ich nämlich. Wir Frauen wachsen in derselben Welt auf wie die Männer und ich bin sicherlich nicht die einzige, der es manchmal schwer fällt, Probleme dieser Art überhaupt anzuerkennen – geschweige denn, mich dafür einzusetzen. Wir halten vieles für unsere eigene Entscheidung, für unseren persönlichen Weg und sind uns gar nicht im Klaren, dass wir überhaupt Nachteile haben.“

Inga Denise: „Das mag einer der Gründe sein. Zum Beispiel das Hebammenthema ist vielen einfach gar nicht klar. Das ist ein Thema, das untergeht. Für die Männer ist es eher eine abstrakte Vorstellung, was eine Hebamme macht und für die Frauen in der Politik stellt sich die Frage wahrscheinlich einfach gar nicht.

Das Interesse fehlt

Katharina: „Bei Frauen ist der Anteil derer, die sich für Politik interessieren, besonders gering. Und wenn sie sich für Politik interessieren, dann nur für bestimmte Themen.

Pinterest-Boards werden von Frauen zu Rezepten erstellt. Frauen, die politische Magazine lesen, ist viel niedriger als bei Männern.

Wir Frauen und Mütter müssen der nächsten Generation Mädchen vorleben, dass man wissen kann, was in der großen Politik los ist. Und dass man nicht nur darüber diskutiert, wer jetzt im englischen Königshaus das nächste Baby bekommt. Sondern, dass wir wissen, wie das System funktioniert, dass wir eine ehrliche Meinung zu Donald Trump haben und uns auch mal eine Rede von ihm anschauen und nicht nur platt über irgendwas reden. Die Männer kennen sich da besser aus.“

Moana: „Es kann ein Mitgrund sein, klar. Wenn nur wenige Frauen öffentlich in der Politik für frauenpolitische Themen einstehen, dann kommen sie auch seltener zur Sprache und die Männer thematisieren natürlich eher ihre Themen.

Die Öffentlichkeit spielt hier eine wichtige Rolle, hier gehören aber auch Medien oder heute auch Mamablogger dazu, nicht nur Politikerinnen. Und schlussendlich auch moderne Männer, die Frauenthemen verstehen und sich dafür einsetzen.“

Die politische Arbeit ist schwer vereinbar

Katharina: „Den Weg ins Parlament kann man nicht so planen. Wenn man sich junge Frauen anschaut, dann sind diese mit Job und Familie meist schon ausgelastet. Die wenigsten haben die Kapazitäten sich noch ehrenamtlich zu engagieren. Die Männer machen das eher. Ich würde mir wünschen, dass wir als Gesellschaft an den Punkt kommen, dass auch ein Mann zwischen 20 und 40 Jahren sagt: „Ich muss ja auch auf meine Familie Rücksicht nehmen.“ Aber so ist es ja leider oft nicht.

Inga Denise: „Ich überlege selbst immer mal wieder in die Politik zu gehen. Aber die Sitzungen sind abends. Ich habe zwar einen Mann, aber ich möchte auch meine Kinder sehen. Das hindert sicherlich auch Leute generell daran, politisch aktiv zu werden. Das geht einfach zu sehr in die Freizeit. Es ist eine wichtige Aufgabe, aber es ist eben auch eine undankbare Aufgabe.“

 

Die politische Arbeit muss familienfreundlicher werden, wenn frauenpolitische Themen eine größere Rolle spielen sollen.

Weiterlesen:

Familiengeld – eine Pro Contra Betrachtung

Warum wir keine Kita-Pflicht brauchen

Wo siehst Du das Frauenwahlrecht in 100 Jahren?

Wenig optimistisch

Inga Denise: „So traurig es ist, ich glaube, dass andere Themen die nächsten 100 Jahre dominieren werden und nicht das Frauenwahlrecht.“

Hoffnung

Katharina: „Ich hoffe, dass es das Wort dann nicht mehr gibt. Sondern, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen verschwimmen und, dass es einfach Menschen gibt. Außerdem sollten Frauen mehr Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen und sich mehr für Politik interessieren.“

Moana: „Ich hoffe, dass bezüglich Familie und Arbeit die Gesellschaft weiter sein wird, dass Männer auch Teilzeit arbeiten können, Kinder betreuen – dass Frauen gleich viel verdienen in gleichen Positionen –und die Arbeitswelt mehr auf Familie ausgerichtet ist. Natürlich hoffe ich, dass in allen aktuellen frauenrechtlichen Themen ein Fortschritt erzielt wird. Mir als Workingmum ist die Vereinbarkeit eines der größten Anliegen.“

Deine Meinung zählt

Was meinst Du? Fühlst Du Dich angemessen politisch vertreten? Möchtest Du Dich vielleicht sogar stärker politisch einbringen? Worin siehst Du positive Entwicklungen der Frauenrechte? Und vor allem, was wünscht Du Dir?

Lass gern einen Kommentar da!

Filmtipps zum Thema Frauenwahlrecht

England, 1912: Fesselnd wie ein Thriller erzählt SUFFRAGETTE die spannende und inspirierende Geschichte vom herzzerreißenden Kampf um Würde und Selbstbestimmung. Neben dem Wahlrecht kämpften sie für die allgemeine Gleichstellung der Frau und für heute so selbstverständliche Dinge wie das Rauchen in der Öffentlichkeit. Die sogenannten „Suffragetten“ waren teilweise gezwungen in den Untergrund zu gehen und ein gefährliches Katz und Maus-Spiel mit dem immer brutaler zugreifenden Staat zu führen.
Ganzen Film ansehen*

Schweiz, 1971: Nora ist eine junge Hausfrau und Mutter, die mit ihrem Mann und den zwei Söhnen in Appenzell lebt. Als Nora beginnt, sich für das Frauenwahlrecht einzusetzen, beginnt ihre Welt zu wanken. Von ihren politischen Ambitionen werden auch die anderen Frauen angesteckt. Beherzt kämpfen die züchtigen Dorfdamen für ihre gesellschaftliche Gleichberechtigung.
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Tags: journal

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