Ein Live-Gespräch, das bleibt.
„Ich bin Mutter. Und ich bin wütend.“
Was wie ein Tabubruch klingt, war der ehrliche Ausgangspunkt eines Gesprächs, das weit über Alltagsbeschwerden hinausging. In einem intensiven Instagram-Live habe ich gemeinsam mit Barbara Weber-Eisenmann – Pädagogin, Autorin, späte Einzelkind-Mama und engagierte Stimme gegen Rechts – über das gesprochen, was viele denken, aber selten laut sagen.
Wir haben darüber gesprochen, wie politisch Mutterschaft ist. Wie stark sie mit finanziellen Strukturen, gesellschaftlicher Anerkennung und weiblicher Selbstbestimmung verwoben ist. Und warum das Elterngeld, das uns eigentlich entlasten soll, viel zu oft alte Rollenbilder zementiert.
Zwischen Stillzwang und Selbstverwirklichung:
Wer bestimmt, was gute Mutterschaft ist?
Ob eine Mutter mit 25 oder mit 42 ihr erstes Kind bekommt, ob sie eins hat oder drei: Noch immer steht über jeder Entscheidung die unausgesprochene Erwartung, dass Mütter sich unterordnen sollen. Unter das Kind. Unter die Partnerschaft. Unter das, was „man halt so macht“.
Barbara erzählte, wie schnell sie nach der Geburt mit Sätzen konfrontiert wurde wie: „Jetzt hast du so lange auf ein Kind gewartet und gibst es mit einem Jahr in die Kita?“ Oder: „Wie kannst du dein Kind fremdbetreuen lassen?“
Diese Fragen treffen nicht nur emotional. Sie sind auch strukturell wirksam. Denn sie bringen Frauen dazu, sich selbst zu rechtfertigen, ihre beruflichen Ambitionen herunterzuschrauben oder sich schuldig zu fühlen für Entscheidungen, die Männer nicht erklären müssen.
Elterngeld: Fortschritt mit Rückwärtsgang?
Als Entwicklerin der Elterngeld-Optimierung begleite ich seit Jahren Mütter durch den Behörden- und Antragsdschungel. Und obwohl das Elterngeld eine gute Idee ist, zeigt sich im Alltag: Die Verteilung der Monate, die finanziellen Deckel, die steuerlichen Stolperfallen – sie alle begünstigen das traditionelle Familienmodell.
Wenn Väter Elternzeit nehmen, sind sie Helden. Wenn Mütter früher wieder einsteigen, heißt es: „Musst du das wirklich machen?“
Barbara sagte es klar: Feminismus bedeutet nicht, dass jede Frau Vollzeit arbeiten muss. Feminismus bedeutet, dass sie es kann – wenn sie will. Und dass sie, wenn sie sich dagegen entscheidet, trotzdem abgesichert ist.
Die Spaltung zwischen den Müttern – und wie wir sie überwinden
Eine zentrale Erkenntnis aus unserem Live war: Viele Verletzungen, Urteile und Spannungen kommen nicht nur von außen, sondern auch aus den eigenen Reihen. „Es sind oft andere Frauen, die mir das Gefühl geben, keine gute Mutter zu sein“, sagt Barbara.
Die Rabenmutter-Vorwürfe. Das Unverständnis für andere Modelle. Der leise Druck, es „richtig“ zu machen. Dabei brauchen wir genau das Gegenteil: Solidarität, Austausch, Respekt. Die Erkenntnis, dass Vielfalt nicht die Ausnahme, sondern die Realität ist.
Konservative Familienbilder – und der politische Preis
In Zeiten, in denen rechtspopulistische Kräfte Zulauf bekommen, erleben wir auch ein Wiedererstarken konservativer Ideale. Die „gute Mutter“ soll wieder mehr zu Hause sein. Das Elterngeld soll für traditionelle Modelle erhöht, für moderne Konstellationen gekürzt werden. Klingt nach Förderung, ist aber in Wahrheit ein Rückschritt.
„Ohne echte Wahlfreiheit wird es immer weniger Frauen geben, die sich überhaupt noch für Kinder entscheiden.“
Barbara bringt es auf den Punkt. Denn was als „Familienförderung“ verkauft wird, ist oft ein verkapptes Rollback – eines, das weder Müttern noch Kindern gerecht wird.
Was wir stattdessen brauchen
Wir brauchen keine Heldenmütter. Wir brauchen Strukturen, die Eltern nicht spalten, sondern stärken. Wir brauchen Elterngeld, das alle Familienmodelle abbildet. Eine Gesellschaft, die Care-Arbeit als das sieht, was sie ist: systemerhaltend. Und eine Politik, die hinsieht, hinhört und handelt.
Und wir brauchen mehr Gespräche wie dieses. Offen, ehrlich, unbequem. Denn nur wenn wir über das sprechen, was falsch läuft, können wir ändern, was kommt.
Mutterrolle rückwärts? Nicht mit uns.
Du willst das ganze Live-Gespräch sehen?
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