Ein Plädoyer für Stille mit Kindern

Stille mit Kindern. Ruhe und Meditation - zweitöchter

Stille und Kinder in einem Satz erscheint den meisten Menschen als gegensätzlich. Viele empfinden Kinder als laut, unberechenbar und sogar störend. Das ist die Außensicht.

In der Innensicht sind Kinder sogar sehr still, denn sie müssen all die Eindrücke des Tages verarbeiten. Dies tun sie im Spiel und natürlich im Schlaf. Dafür brauchen sie Zeit. Dafür brauchen sie aber auch Ruhe und Stille. In diesem Artikel zeige ich Dir, warum Stille wichtig ist und wie Du sie für Dich und Deine Familie finden kannst.

Was ist Stille?

Stille ist hier nicht als die Abwesenheit von Geräuschen gemeint. Sie bezeichnet eher die bewusste Wahrnehmung von einem Einzelgeräusch, dass sich wohlwollend und wärmend auf die Kinderseele auswirkt.

Stille ist eben nicht das Hintergrundgedudel eines Hörspiels, das Durcheinander von Eltern- und Kinderstimmen, die fast aneinander vorbei schreien müssen, um sich zu verstehen.

Sie kann das Rauschen des Windes durch ein Blätterdach oder das Zwitschern der Vögel sein. Stille ist Ruhe für die Seele. Eine Seele, die nur an einem Ort sein muss. Im Hier und Jetzt.

Warum brauchen Kinder Stille?

Stille ist das Gegenmittel gegen die Reizüberflutung unserer Zeit. Das Gehirn eines Kindes nimmt viele Reize fast ungefiltert wahr. Das kann manche Kinder überfordern. Hochsensible Kinder und deren Eltern lernen schnell, was sie ihren Kindern zumuten können und was nicht. Sie filtern für ihre Kinder und wenden sich eher mal dem Thema Achtsamkeit zu.

Aber auch nicht hochsensible Kinder können unter dem Überfluss an Reizen leiden. Ihr Hirn bildet dann eigene Schutzmechanismen aus. Es antwortet beispielsweise mit Gereiztheit, Migräneanfällen, Essstörungen oder Antriebslosigkeit. Kinder, die täglich zu vielen Reizen ausgeliefert sind, stumpfen nach und nach ab.

Das kindliche Gehirn wächst mit seinen Aufgaben. Das nennt man Neuroplastizität des Gehirns. Verschaltungen, die oft und intensiv gebraucht werden, werden verstärkt. Teile des Gehirns, die weniger oder gar nicht aktiviert werden, verkümmern. Ein Kind, das täglich mehrere Stunden am Fernseher oder der Konsole sitzt und diese Reize wahrnimmt, festigt eher seine Hand-Augen-Koordination in Bezug auf die Spielekonsole oder die Fähigkeit sein Hirn gezielt auszuschalten und sich berieseln zu lassen, nicht aber sein Einfühlungsvermögen oder seine Fähigkeit Konflikte zu lösen.

Konzentrieren sich Kinder nun gezielt auf Stille und das achtsame Wahrnehmen von vorzugsweise natürlichen Umgebungsgeräuschen, aktivieren und festigen sie die Hirnareale, die ihre Sinne steuern und die Verarbeitung auch kleinster Wahrnehmungen. Sie lernen im Hier und Jetzt zu leben. Und wer das kann, wird auch mit den Anforderungen und auch Überforderungen des Hier und Jetzt besser zurechtkommen.

Man sagt:

Wer in der Vergangenheit lebt, hat Depressionen.

Wer in der Zukunft lebt, hat Angst.

Wer im Jetzt lebt, ist achtsam.

Stille ist für Kinder natürlich

Die Ruhe und das bewusste Sein ist Kindern in die Wiege gelegt. Sie ziehen sich natürlicherweise zurück, wenn sie Ruhe für sich brauchen. Babys schreien und werden automatisch an einen ruhigeren Ort gebracht. Kleine und große Kinder suchen sich eine ruhigere Ecke.

Aber!

Doch in unserer modernen Welt wird es immer schwieriger diese Orte zum Rückzug und bewussten Sein zu finden. Eltern telefonieren im Hintergrund, Fernseher, Tablets und Musikplayer bieten eine Dauerbeschallung, die dankenswerterweise von allen Sorgen und Ängsten ablenkt.

Aufmerksamkeit der Eltern und anderer Kinder muss regelrecht erkämpft werden. Sie ist für den Einzelnen nicht mehr selbstverständlich. Und wer ständig um Aufmerksamkeit kämpfen muss, wird sich nicht mehr so oft zurückziehen. Er kann sich der Aufmerksamkeit nicht sicher sein und muss nehmen, was er wann kriegen kann.

Wie wir Kindern Stille ermöglichen

Dass sich Kinder auch mal langweilen sollten, hat sich bereits durchgesetzt. Wir und auch all die technischen Möglichkeiten müssen die Kinder nicht unterhalten. Kinder müssen überhaupt nicht bespaßt werden. Sie brauchen Anreize, Vorbilder und vor allem Gelegenheiten für das freie Spiel.

Wenn Kinder nicht bespaßt werden und sich ihre Beschäftigungen selbst suchen, entsteht automatisch die Möglichkeit für Stille. Sie können dann trotzdem singen und laut sein. Sie können aber auch ganz in Ruhe ein Buch anschauen oder fast meditativ puzzeln. Unsere Aufgabe ist also ihnen genau diese Möglichkeiten zu schaffen und zu gewährleisten, dass sie nicht unterbrochen werden. Nicht vom Handyklingeln und nicht vom nächsten Beschäftigungsangebot.

Die größte Offenbarung ist die Stille.


Laotse

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Comments

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  2. Antworten

    Danke für diese fundierten Infos. Es ist wirklich schwierig, Stille zu finden. Aber meine Kinder brauchen sie, das merke ich manchmal ganz deutlich.

  3. Antworten

    Wow! Danke für den megacoolen Beitrag. Genau sowas habe ich neulich gesucht. Aufgrund Friedas Hochsensibilität und meinem Job in der Schule aka Dauerbeschallung für uns noch ganz konkrete Stille-Übungen, die auch echt zu uns passen. Gar nicht sooo leicht. ❤️

    • sina martin
    • 4. Dezember 2018
    Antworten

    ein interessantes thema

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