Die meisten Eltern haben schon von Fieberkrämpfen bei Babys und Kleinkindern gehört. Etwa 2 bis 4 Prozent der Kinder haben mindestens einmal im Leben einen Fieberkrampf. Doch selten kommen atonische Fieberkrämpfe vor, bei denen die typischen Muskelzuckungen fehlen, sondern das Kind komplett erschlafft und bewusstlos wird. Einen solchen atonischen Fieberkrampf hatte unsere fast 2-Jährige vor kurzem.
In diesem Artikel schildere ich die Umstände des atonischen Fieberkrampfes, wie wir reagiert haben und wie es nun für uns weitergeht.
Der Fieberkrampf
Der Infekt begann recht unspektakulär mit etwas erhöhter Temperatur am Vorabend. Ich blieb daher mit meiner Tochter am darauffolgenden Tag zu Hause. Wir unternahmen einen kleinen Ausflug mit dem Kinderwagen. Sie hatte weiterhin erhöhte Temperatur, verweigerte aber strikt den Fiebersaft und spuckte ihn aus. Da es noch kein Fieber und sie gut drauf war, beließ ich es dabei. Ich dachte, dass sie vielleicht selbst spürte, was ihr Körper braucht und was eben nicht.
Nach einem kurzen Mittagsschlaf legte ich sie gegen 16 Uhr noch einmal hin. Wir schliefen beide ein. Nach etwa 2 Stunden weckte ich sie zum Abendessen. Wir deckten gerade den Tisch, als sie in ihrem Hochstuhl sitzend, ihren Becher festkrallte und nicht mehr auf unsere Ansprache reagierte. Mein Mann fühlte ihre Stirn, die plötzlich kochend heiß war.
Wir trugen sie ins Kinderzimmer, um auf der Wickelkommode ihre Temperatur zu messen. 39,3 Grad Celsius. Wir gaben ihr ein fiebersenkendes Zäpfchen.
Doch es war schon zu spät. Sie wurde plötzlich ganz blass. Ihre Augen fixierten nicht mehr, sie klappten leicht nach oben. Ich hob sie von der Wickelkommode, sprach sie an und merkte, dass sie kaum noch Spannung im Körper hatte.
Schock
In mir brach Panik aus. Für mich sah es so aus, als würde mein Kind sterben. Alles Leben verschwand aus ihrem Körper. Ihre Lippen wurden blau und ich realisierte, dass auch ihre Atmung ausgesetzt haben muss.
Ich schrie meinen Mann an, den Notarzt zu rufen. Unsere große Tochter stand noch im Kinderzimmer und blickte mich völlig verängstigt an. Sie spürte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Ich wies meinen Mann an, unsere 4-Jährige zu unseren Nachbarn nach oben zu bringen. Sie sollte nicht mitbekommen, was hier gerade passierte. Wir kannten schließlich die Ursache nicht und noch weniger, wie es nun enden würde.
Wiederbelebung
Dann legte ich ihren kleinen, schlaffen Körper auf den Boden. Die Windel hatten wir gar nicht wieder dran gemacht. Ich fokussierte mich, was ich mal im Erste-Hilfe-Kurs gelernt habe. Keine Atmung, aber was macht das Herzchen, fragte ich mich. Ich legte also mein Ohr und meine Hand auf ihren Brustkorb. Ihr Herz schlug sehr schnell, für mich fast zu schnell.
Ich ging näher an ihren Mund, versuchte eine Atmung zu erkennen, wenn auch nur flach. Nichts. Ich fühlte nochmal durch ihren Mund, ob etwas ihre Atmung blockierte. Dann hielt ich ihre Nase zu und pustete. Einmal, zweimal, sechsmal. Es kam mir ewig vor. Sie reagierte darauf nicht.
Mein Mann rannte immer zwischen Haustür und Kinderzimmer hin und her, hoffte, dass endlich der Notarzt kommt oder unser Kleine wieder anfangen würde zu atmen.
Wie ein Wunder
Doch plötzlich kam – wie ein Wunder – ihre Hautfarbe zurück. Sie atmete. Sie war sehr benommen, fing an sich mit den Fingern im Mund herumzuspielen. Ich gab ihr den Schnuller, damit sie sich beruhigen konnte. Ich hielt sie fest und wartete. Dann konnte ich die Sirene hören, auch mein Mann rief in der Wohnungstür, dass er sie hören konnte.
Da brach ich in Tränen aus. Es war der schlimmste Moment in meinem Leben. Der Moment, in dem ich dachte, mein Kind stirbt, war so unglaublich schmerzhaft und unwirklich, dass es mir nun 3 Wochen später immer noch den Hals zuschnürt. Nur unter Tränen kann ich diese Zeilen überhaupt schreiben, so traumatisierend war es für mich.
Der Notarzt ist da
Innerhalb von etwa 6 Minuten war der Notarzt und ein Rettungswagen mit drei Rettungssanitätern des DRK vor Ort. Der Notarzt sah unsere Tochter und war sofort sichtlich beruhigt. Es wurde Fieber gemessen: 39,6 Grad. Man klärte uns auf, dass es ein Fieberkrampf war und, dass dieser allein erstmal nicht gefährlich sei. Mein Blick sprach tausend Bände. Ich konnte das in diesem Moment nicht glauben. Ich hatte gerade mein eigene Kind beatmetet und die versuchten mir zu erklären, dass nie Lebensgefahr bestand?
Der Sanitäter sagte uns, dass er auch so einen Anfall bei seiner Tochter mit ansehen musste und trotzdem in Panik ausbrach und sein ganzes medizinisches Fachwissen unterdessen vergaß.
Im Krankenwagen
Dennoch wollte man uns mit in die Kinderklinik nehmen. Beim ersten Fieberkrampf müssen weitere Krankheiten wie z.B. Hirnhautenentzündung ausgeschlossen werden. Außerdem ist ein 2. Fieberkrampf während der gleichen Fieberphase wahrscheinlich.
Meine Kleine lag auf der Trage, war immer noch sehr benommen. Sie spielte mit dem kabellosen Pulsoxymeter, um sich zu beruhigen. Ich saß auf einem Sitz neben ihr. Die Rettungssanitäterin war mit uns hinten und fing ein Gespräch an. Sie erzählte ein paar Fakten zu Fieberkrämpfen und, dass sie wie unsere Tochter heißen würde. Ich nahm alles sehr bewusst war. Ich war immernoch voller Adrenalin und in Alarmbereitschaft.
Die Sirene konnte ich im Rettungswagen nur sehr dumpf hören, aber die zwei Blitzer, die wir durchfahren haben, blitzen bis zu uns nach hinten. Innerhalb von wenigen Minuten waren wir in der Kinderklinik des Universitätsklinikum Jena. Zum Glück haben wir es nicht weit.
Nach dem Fieberkrampf
In der Notaufnahme
Ich trug meine Tochter in die Notaufnahme. Der Notarzt übergab unseren Fall an die diensthabende Ärztin. Hier waren wir schon oft, sind aber noch nie mit dem Rettungswagen gekommen. Sofort kümmerte sich eine Schwester um uns. Die Ärztin ließ sich den Anfall sehr genau beschreiben. Es wurde Blut abgenommen, erneut Fieber gemessen und sowohl Hals als auch Ohren und die Atemwege kontrolliert.
Auf der Kinderstation
Nach etwa einer halben Stunde brachte man uns auf Station. Die Kinderklinik ist erst vor eineinhalb Jahren neu gebaut wurden. Die Zimmer sind modern und hell eingerichtet. Neben dem gelb lackierten Gitterbett stand ein roter Sessel. Ausgeklappt würde er mir die Nacht Schlaf bringen.
Die Schwester nahm noch einen Abstrich vom Rachen, um (multiresistente) Keime auszuschließen. Dann brachte sie den Messfühler am Fuß von meiner Tochter an, um dauerhaft ihre Blutsättigung zu überwachen.
Ich freute mich sehr, da mein Mann und unsere große Tochter ins Zimmer kamen. Ich erklärte ihm, was gemacht wurde und wie der Stand ist. Dann setzten wir die beiden auf den großen roten Sessel und sie durften Conni auf dem Tablet schauen. Ich vergrub mich in der Schulter meines Mannes und weinte bitterlich, aber leise genug um die Kinder nicht zu verunsichern.
Der erste Schock fiel von mir ab, aber die Alarmbereitschaft war noch da. Schließlich war der Infekt noch nicht überstanden und ein weiterer Fieberkrampf möglich.
Wir verbrachten letztendlich 2 Nächte in der Kinderklinik. Unsere Tochter entwickelte eine Bronchitis, die wir anschließend weiter zu Hause behandeln konnten und nach 6 Tagen war sie wieder top fit.
Wie verhalte ich mich richtig, wenn mein Kind einen seltenen, atonischen Fieberkrampf hat?
Prinzipiell ist auch ein atonischer Fieberkrampf nicht gefährlich. Es müssen vorerst keine Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden.
Du solltest schauen, dass sich Dein Kind während des Krampfes und der Bewusstlosigkeit nicht verletzen kann. Am besten lege es hierzu auf den Boden und entferne zu warme Kleidung, die das Fieber zusätzlich anheizen können.
Aber bloß keine Panik!
Beim ersten Fieberkrampf solltest Du den Notarzt rufen und auch, wenn Du Dir bei einem weiteren Krampf unsicher bist, ob es Deinem Kind gut geht.
Solche Krämpfe enden in der Regel von allein nach wenigen Minuten. Wenn der Krampf länger andauert, ruf auch den Notarzt. Fahre auf keinen Fall selbst in die Notaufnahme. Das halte ich für zu gefährlich als Fahrer/in mit diesen vielen Emotionen!
Was kann man tun?
Es gibt Medikamente, die einen solchen Krampf beenden. Sprich darüber am besten mit Deinem Kinderarzt.
Wir müssen in Zukunft ab 38,5 Grad schon eine volle Dosis Paracetamol verabreichen, da ein weiterer Fieberkrampf wahrscheinlich ist. Bei uns gibt es eine genetische Vorbelastung. Ob man einen Fieberkrampf mit einer frühen Gabe eines Fiebersenkers verhindern kann, ist umstritten, denn der Auslöser ist ja der schnelle Anstieg des Fiebers und der kommt meist extrem plötzlich.
In unserem Fall muss das Fieber innerhalb von wenigen Minuten um ein bis eineinhalb Grad angestiegen und so den atonischen Fieberkrampf ausgelöst haben.
Weitere medizinische Informationen findest Du bei Anfallskind oder in diesem Flyer der Deutschen Kinder- und Jugendmedizin e.V.
Pinne diesen Artikel, damit alle Eltern im Falle eines Fieberkrampfes ruhig bleiben:
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Das klingt ganz fürchterlich, was ihr da durchstehen musstest! Ich finde es gut, dass du darüber bloggst und auch schreibst, was man in so einem Fall machen sollte.
Viele Grüße, Marlene
Liebe Marlene,
danke für Deine lieben Worte. Ja, es war schlimm!
Ich hoffe, ich kann anderen helfen, diese schweren Minuten und deren Folgen gut durchzustehen. Wir Eltern sind nicht allein und können uns gegenseitig unterstützen! <3
Liebe Grüße,
Diana
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Liebe Diana,
Was für ein Schreck! Wir sind so froh, dass sich die Kleine wieder gut erholt und ihr das gemeinsam überstanden habt.
Fühlt euch gedrückt ❤ LittleBigHeart
Danke Dir! Ja, wir sind auch froh, aber der Schock sitzt immer noch tief und bei jeder erhöhten Temperatur oder wenn sie wieder so blass aussieht, bin ich im Alarmzustand. Das ist echt anstrengend für mich 🙁 Liebe Grüße!
Hallo Diana, danke für den Bericht. Es klingt fürchterlich und ich bin froh, dass alles gut ausgegangen ist. Hut ab, dass ihr so gut funktioniert habt!
Zum Glück hatten meine Kinder bisher noch keinen Fieberkrampf. Eine schreckliche Vorstellung… aber natürlich sehr gut zu lesen, dass man bei einem Fieberkrampf nicht in Panik verfallen sollte. Danke für deinen ausführlichen Bericht.
Oh mein Gott – das klingt schrecklich!
Liebe Diana,
Danke das du deine Erfahrungen teilst.
Unser 2 jähriger Sohn hatte auch einen Anfall und uns wurden andere Sachen gesagt, deswegen bin ich verunsichert. Woher wisst ihr das mit der genetischen Veranlagung? Wurde das getestet oder gab es in der Familie noch andere Anfälle?
Wie lange ist das Risiko nach dem 1 Anfall noch erhöht und muss man die ganze Zeit das Fieber senken, wenn ja nur der Anstieg am Anfang das Problem ist?
Liebe Grüße Anne