[Geburtsbericht] Heute ist es dreizehn Tage her, dass ich eine unglaublich schöne Geburt erleben durfte. Ich habe nicht geahnt, dass es möglich wäre ein Kind auf diese natürliche, kraftvolle, schnelle, verbundene und selbstbestimmte Art und Weise zu gebären. Daher möchte ich mein Erlebnis teilen, damit künftig noch mehr Frauen darin bestärkt werden, mehr Vertrauen in sich selbst, ihren Körper und ihr Baby zu bekommen.
Wenn eine gesunde Frau ein gesundes Kind zur Welt bringt, ist das in den allermeisten Fällen kein medizinischer Umstand, sondern eines der intensivsten und schönsten Ereignisse im Leben von Mutter und Kind. Diese Erfahrung verbindet beide von der ersten Sekunde an.
Holen wir uns das Recht und das Selbstbewusstsein zurück, diese Erfahrung so zu gestalten, wie wir sie uns wünschen. Friedlich, freudvoll, geborgen, feierlich und verbunden mit den Menschen, die wir lieben.
Unsere Vorbereitung auf die Geburt
Ich habe mich dieses Mal dazu entschieden mich mit der HypnoBirthing Methode nach Marie F. Mongan vorzubereiten, nachdem eine Bekannte damit eine wunderbare Geburt erlebt hatte (nachzulesen auf ihrem Blog).
Mein Mann und ich haben daher gemeinsam einen Kurs bei der wunderbaren Corinna Fuchs von www.dieleichtegeburt.at belegt und gemeinsam Atem- und Entspannungstechniken gelernt, geführte Meditationen gemacht, mit Hypnosen bestehende Ängste aufgelöst und in den fünf Sitzungen ein ganz neues Verständnis für eine von beiden Partnern bewusst gemeinsam gestaltete Geburt bekommen. Dank Corinna, die uns eine wertvolle Freundin geworden ist, und den täglichen Übungen, habe ich mich während dieser Geburt wirklich kompetent und sehr gut vorbereitet gefühlt.
Die Geburt kündigt sich an
Als es am Freitagabend gegen 23:00 Uhr losging, wollte ich gerade ins Bett gehen, als unser dreijähriger Sohn wach wurde. Ich habe mich zu ihm gelegt und ein mittelstarkes Ziehen im Unterleib registriert. Außerdem spürte ich, dass das Baby in meinem Bauch ziemlich aktiv war. Immer wenn das Ziehen auftrat habe ich, wie in den letzten Wochen, die Wellenatmung aus dem Hypnobirthing angewendet. Den Bauch zu entspannen und wie einen Ballon aufzublasen half dabei, dass das Ziehen innerhalb von 1-2 Minuten wieder nachließ.
Allerdings spürte ich plötzlich eine Flüssigkeit zwischen meinen Beinen. Nicht viel. Vielleicht 100-200ml. Ich tastete danach und roch daran. Nein, kein Blut. Fruchtwasser. Farb- und geruchlos. Ein gutes Zeichen und der Startschuss für unsere gemeinsame Geburtsreise. Innerhalb der nächsten 24 Stunden würden wir unser Baby also kennenlernen.
Ich war plötzlich unruhig und erzählte meinem Mann, dass es losging. Er versuchte mich damit zu beruhigen, dass es noch eine Weile dauern könnte. Als kurz darauf allerdings noch mehr Fruchtwasser abging, rief ich unsere Hebamme an und gab ihr Bescheid. Sie ließ sich noch einmal meine erste Geburt schildern und meinte ebenfalls, dass wir noch Zeit hätten. Ich sollte mich hinlegen, versuchen etwas zu schlafen und mich melden, wenn aus dem Ziehen richtige Wehen geworden wären.
Entspannungsprogramm
Um mich zu entspannen unterstützte mich mein Mann mit einer geführten Meditation zur Tiefenentspannung und gab mir eine leichte Soft-Touch-Massage, die die Endorphinausschüttung anregt (und damit Schmerzen lindert). Während der vielleicht 10-15 Minuten, die beides in Anspruch nahm, hatte ich ca. 5 kleinere Wellen zu veratmen. Dennoch beruhigte ich mich ein wenig und versuchte entspannt zu liegen. Während mein Mann und mein Sohn neben mir einschliefen, hatte ich allerdings den starken Impuls mich zu bewegen und musste dringend auf die Toilette.
Ich entschied mich meinem Körper zu vertrauen und meinem Bewegungswunsch zu folgen. Ich erleichterte mich und begann mir danach ein Lager im Wohnzimmer zu bereiten. Ich zündete ein paar Kerzen an, deckte das Sofa mit Folie ab und legte Handtücher und Bettdecke bereit, kochte mir eine Kanne Himbeerblättertee, holte den Gymnastikball aus dem Schlafzimmer und machte mir die Entspannungs-CD und die Meditationen aus dem Hypnobirthing an, mit der ich mich die letzten 12 Wochen täglich auf die Geburt vorbereitet hatte.
Mein Körper war inzwischen gut trainiert sich bei den vertrauten Klängen zu entspannen. Da die Wellen immer häufiger auftraten, war dies eine willkommene Unterstützung. Alle paar Minuten musste ich innehalten und mich auf die Atmung konzentrieren, bis die Wellen nachließen.
Kurz vor Mitternacht gab ich unserer Nachbarin Bescheid, dass sich unser Baby auf den Weg gemacht hätte, ließ sie aber wissen, dass es noch dauern könnte, bis die Geburt „richtig losginge“. Bei meiner ersten Geburt im Krankenhaus, habe ich in der Eröffnungsphase der Geburt begonnen zu tönen, um Entlastung zu finden. Später im Krankenhaus habe ich – entgegen meiner Erwartungen – sogar aus Leibeskräften gebrüllt. Da ich die Wellen jetzt noch gut veratmen und mit ihnen arbeiten konnte, ging ich daher davon aus, dass es noch keine wirklich wirkungsvollen Wehen sein könnten.
Geht es nun doch schneller als gedacht?
Als ich mich anschließend auf das Sofa legen und ausruhen wollte, überraschte mich eine sehr starke Wehe, die ich in dieser Position nicht veratmen konnte. Ich verkrampfte und wäre am liebsten vor Schmerzen wieder aufgesprungen, musste mich aber gedulden, bis die Wehe vorüber war. Anschließend sprang ich daher tatsächlich mehr oder weniger hoch, um das nicht noch einmal erleben zu müssen. Das sollte die einzige Wehe bleiben, die vergleichbar war mit denen, die ich aus meiner ersten Geburt kannte. Liegen war also nicht die richtige Position.
Wieder hatte ich den Drang auf die Toilette zu gehen und staunte über die Intensität der Wellen. Wann immer es mir gelang mich voll hinzugeben und zu entspannen, wandelte sich der Schmerz wieder in ein intensives Ziehen. Da Blase und Darm inzwischen nichts mehr hergaben, war mir klar, dass es bereits das Köpfchen sein musste, das diesen gefühlten Drang auslöste.
Ich schrieb unserer Hebamme Ursula Walch daher zwischen den immer schneller aufeinander folgenden Wellen eine Nachricht, dass an Schlaf nicht zu denken wäre und unser Baby wohl nicht so lang warten würde wie gedacht. Obwohl ich mir nicht sicher war, wie schnell es tatsächlich gehen würde, war ich froh, als sie direkt zurück schrieb, dass sie sich fertig und auf den Weg machen würde. In einer guten Stunde wäre sie also bei uns.
Pures Vertrauen in den eigenen Körper
Da ich mich im Wasser besonders gut entspannen konnte, ließ ich mir eine Badewanne ein. Es erforderte immer mehr Konzentration richtig zu atmen und zwischendurch zu entspannen. Und tatsächlich war ich kaum in der Badewanne, als die nächste intensive Welle kam. Ich konnte mich gerade noch quer in die Wanne knien, so dass ich die sanfte Auftriebskraft des Wassers am Bauch spürte, als ich überrascht wurde von dem Drang zu pressen.
Ich konnte es gar nicht glauben. Aber kurz darauf war das Bedürfnis sogar noch intensiver. Ich widerstand dem Drang aktiv zu pressen und atmete stattdessen mit der Geburtsatmung nach unten, wie es beim Hypnobirthing empfohlen wird. Das Vertrauen in den eigenen Körper steht im Vordergrund. Es ist keine Intervention von Außen erforderlich. Noch nicht einmal von Seiten der Mutter.
Meine einzige Aufgabe war es loszulassen, mich zu entspannen, mich hinzugeben, den (Bewegungs-)Impulsen zu folgen, die mein Körper mir gab und vollkommen in mein Baby und meinen Körper zu vertrauen.
Alleingeburt in der heimischen Badewanne
Noch immer ungläubig fühlte ich mit der linken Hand zwischen meine Beine und war erstaunt, dass ich bereits eine deutliche Vorwölbung durch das Köpfchen fühlen konnte. Damit es jetzt nicht zu schnell gehen würde, übte ich einen leichten Druck auf die Wölbung aus. So hatte ich noch eine kurze Pause, entspannte mich wieder und ließ los. Bei der dritten Geburtswelle (Presswehe) ging ich mit dem ganzen Körper und einem tiefen Atemzug mit und gebar um 1:41 Uhr, 45 Minuten vor Ankunft der Hebamme, unseren zauberhaften Sohn in einem Rutsch.
Er ist da!
Es war ein unbeschreibliches Gefühl mein Baby so schnell und ganz allein in den Armen zu halten. Überglücklich und erleichtert habe ich in der Wanne gesessen, das Wasser lief noch immer in die Badewanne ein, und versuchte zu begreifen, dass wir es geschafft hatten. Die Geburt, vor der ich immer wieder auch solche Angst gehabt hatte, war in unter drei Stunden vonstatten gegangen und hat sich als einziges großes Geschenk erwiesen.
Da ich es nicht schaffte meinen Mann zu wecken, rief ich nach unserer Nachbarin Monika, die mich sofort hörte und zu uns herunter kam, um uns zu versorgen. Obwohl sie mindestens ebenso überrascht war wie ich, dass ich bereits mit unserem Baby auf dem Arm in der Badewanne saß, hatte sie ihre Gedanken beisammen, gab mir ein Tuch, in das ich unseren zweiten Sohn einwickeln konnte, machte die ersten Fotos von uns beiden und dachte dann daran, auf die Uhr zu schauen, damit wir die Geburtszeit festhalten konnten. Anschließend weckte sie meinen Mann, damit auch er seinen Sohn begrüßen konnte.
Feierliche Stimmung im Wohnzimmer
Zusammen halfen beide uns aus der Badewanne und auf das Sofa, wo uns die Hebamme eine halbe Stunde später versorgen konnte. Sie holte und überprüfte die Plazenta, nähte die alte Dammschnittwunde, die bei der Geburt wieder aufgerissen war und versorgte unser Baby. Unterdessen war auch unser großer Sohn wach geworden und kam zu uns, so dass wir alle gemeinsam diese wunderbaren ersten Stunden erleben konnten.
Mona zündete weitere Kerzen an, dekorierte das Zimmer mit selbstgepflückten Rosensträußen und verwöhnte uns mit einem leckeren Dessert. Die Atmosphäre wurde dank ihr immer feierlicher – eben ein richtiges Geburtstagsfest für unseren Noel – und so sangen wir ihm gemeinsam noch ein bewegtes „Happy Birthday“.
Dankbarkeit
Als bei Anbruch der Dämmerung langsam Ruhe einkehrte, beide Jungs ihre erste Nacht zusammen im Familienbett verbrachten, die Hebamme sich auf den Heimweg gemacht hatte und Mona – zum Abschied Rosenblätter in den Flur werfend – nach oben gegangen war, setzten mein Mann und ich uns noch zusammen. Er auf der Sofaecke, ich – frisch genäht – auf dem Gymnastikball daneben und gönnten uns einen Schlummertrunk. Wir redeten, lachten, staunten und gratulierten uns gegenseitig. Ungläubig, dankbar und überglücklich.
Als ich anschließend kurz nach draußen ging, um den neuen Morgen zu begrüßen, sah ich zum ersten Mal ein Glühwürmchen in unserem Garten. Ob es wohl dein kleiner Begleiter gewesen ist, mein süßer „Lichtbringer“ Noel?
Danke Melanie, dass ich Deinen Geburtsbericht veröffentlichen durfte. Wer Fragen hat kann Melanie auf Facebook kontaktieren oder auf Instagram ihre Geschichte weiterverfolgen.
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