In diesem Artikel geht es um das Hörbuch zum gleichnamigen Buch „So viel Freude, so viel Wut: Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten“* von Nora Imlau. Die Autorin hat das Buch selbst eingesprochen.
Das Hörbuch hilft zu verstehen, ob Eltern ein gefühlsstarkes Kind haben, was dies bedeutet und wie sie ein friedvolles Miteinander lernen.
Länge: 2 Std. und 40 Min.
Abrufbar bei: u.a. Audible, Thalia und Google Play
Gesprochen von: Nora Imlau
Erscheinungsdatum: 04.12.2018
Gekürzte Fassung
Kapitelübersicht
- Kapitel: „Einfach mehr – gefühlsstarke Kinder erkennen und verstehen“
- Kapitel: „Angeboren oder anerzogen – Wieso ist unser Kind so anders?“
- Kapitel: „Mein Kind und ich – authentische Eltern für gefühlsstarke Kinder“
- Kapitel: „Mit intensiven Gefühlen klar kommen lernen“
Die Autorin zeigt in einem kurzen Vorwort, warum sie dieses Buch geschrieben hat und woher ihre Informationen stammen. So hat sie mit Wissenschaftlern und anderen Eltern gesprochen und einschlägige Literatur gewälzt.
1. Kapitel: „Einfach mehr – gefühlsstarke Kinder erkennen und verstehen“
Das erste Kapitel (gut 22 Min.) dient als Einleitung in das Thema. Zu Beginn des Hörbuches wird der Leser schnell feststellen, ob er oder sie ein gefühlsstarkes Kind hat und das eigene Kind in Noras Beschreibungen wiedererkennt. Es gibt zwar keinen Bewertungsbogen und keine Skala von 1 bis 10, dennoch können Eltern anhand Noras Beispielen gut einschätzen, ob ihr Kind gefühlsstark ist – in welcher Ausprägung auch immer.
Viele Eltern gefühlsstarker Kinder zweifeln oft, ob das Verhalten ihrer Kinder normal ist. Die Autorin sagt: „Ja!“ Aus Evolutionssicht ist Gefühlsstärke kein Nachteil, sonst hätte es sich nicht durchgesetzt. Es hat einen tieferen Sinn. Die Varianz lässt die Gemeinschaft profitieren und genau diese Unterschiede machen uns gemeinsam stark.
Nora prägt mit dem Begriff der „gefühlsstarken Kinder“ eine wertschätzende Haltung gegenüber diesen Kindern, die bisher eher als aufmüpfig, unkontrolliert und unerzogen galten. Ihr ist es wichtig, dass diese Kinder so ein liebevolles und wertschätzendes Selbstbild erlangen.
Grundbedürfnisse
Die Grundbedürfnisse gefühlsstarker Kinder sind die gleichen wie die von nicht gefühlsstarken Kindern. Es gibt das Bedürfnis nach Nähe und Bindung, das Bedürfnis nach Halt und Orientierung, das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit und Autonomie und das Bedürfnis nach Wertschätzung und Akzeptanz.
Diese Bedürfnisse sind nicht alle gleichzeitig und gleichmäßig erreichbar. Nora zeigt daher, wie sie unter einen Hut zu bekommen sind. Diesen Abschnitt empfehle ich nicht nur Eltern von gefühlsstarken Kindern. Jede Mutter und jeder Vater wird sich aus diesem Grundlagenwissen ein paar neue Erkenntnisse mitnehmen können.
2. Kapitel: „Angeboren oder anerzogen – Wieso ist unser Kind so anders?“
Niemand hat Schuld
Nora betont in ihrem Buch über gefühlsstarke Kinder immer wieder, dass es niemals die Schuld der Eltern ist, dass ein Kind stärker empfindet und so aus dem „normalen“ Raster fällt. Auch das Kind trägt keine Schuld. Die Eltern haben nichts falsch gemacht, warum sich das Kind so entwickelt hat. Bei Gefühlsstärke handelt es sich um ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal. Diese Betonung wird dem Hörer helfen, ruhiger mit der Gefühlsstärke umzugehen und diesen Charakterzug ihres Kindes zu akzeptieren.
Im zweiten Kapitel (etwa 36 Min.) stellt die Autorin verschiedene Studien und wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Dieses Grundlagenwissen über das Gehirn gefühlsstarker Kinder hilft Betroffenen ebenfalls zu verstehen, warum ihr Kind so ist und handelt, wie es eben handelt. Mich persönlich hat dieser Abschnitt über Amygdala und Vagus-Nerv sehr angesprochen, da es nachprüfbares Faktenwissen ist.
Zusätzlich beschreibt Nora, dass gefühlsstarke Menschen in der Gesellschaft besondere Rollen einnehmen. Sie scheuen herausfordernde Aufgaben nicht. Und die Menge an gefühlsstarken Menschen scheint von der Natur genau kalkuliert zu sein, so dass die Gemeinschaft davon profitiert. Dieses Persönlichkeitsmerkmal erfüllt also einen konkreten Sinn. Ist das nicht toll?
Das gefühlsstarke Baby
Am Ende des 2. Kapitels geht es konkret um das 1. Jahr mit dem gefühlsstarken Kind.
Gefühlsstarke Kinder schreien oft viel. Die Autorin betont, dass Eltern das Baby durch das Schreien begleiten sollten, damit sein Vertrauen und seine Regulationsfähigkeit gestärkt wird. Sie müssen das Kind nicht verändern und sollten es vor allem nicht weiter überreizen. Sie sollten es einfach nur sanft halten, ihm zuhören und sanft mit ihm sprechen.
3. Kapitel: „Mein Kind und ich – authentische Eltern für gefühlsstarke Kinder“
Strafen und Konsequenzen
Das 3. Kapitel (ca. 40 Min.) beginnt Nora mit kritischen Gedanken zu Strafen und sogenannten „natürlichen Konsequenzen“ im Umgang mit Kindern. Gerade für Eltern von gefühlsstarken Kindern stellt sie derartiges Verhalten in Frage. Aber:
„Hinter jeder schwierigen oder belastenden Verhaltensweise eines Kindes steht ein ganzes Sammelsurium von Ursachen und Gründen. Da trifft sein angeborenes Temperament auf Situationen, die ihm besonders zu schaffen machen, unter Lebensbedingungen, die den Druck auf den Kessel erhöhen, in einer Familie, die gerade sowieso schon am Limit ist.
Und nun soll eine One Size fits all-Methode all diese Faktoren im Handumdrehen einfach verschwinden lassen? Nein, sie kann höchstens Oberflächenkosmetik betreiben und dafür sorgen, dass ein Kind aus Angst vor Konsequenzen sein emotionale Reaktion auf all dieses Stressfaktoren unterdrückt – so gut es eben kann“, betont Nora Imlau.
Gefühlsstarke Eltern
Für mich besonders überraschend fand ich den Abschnitt zum Thema „Gefühlsstarke Eltern“. Darin geht es um die eigene Gefühlsstärke und den Umgang der Eltern mit ihren gefühlsstarken Kindern. Diese Situation birgt besondere Herausforderungen. Solche Eltern haben entweder einen Umgang mit ihrer eigenen Gefühlsstärke gelernt oder diese wurde unterdrückt wirkt so bis heute nach:
„Die langfristig wohl schwierigste Aufgabe von Müttern und Vätern gefühlsstarker Kinder ist es, mit ihren eigenen inneren Verletzungen umgehen zu lernen, die im Zusammenleben ständig angerührt werden und oft zu heftigsten, impulsiven Kurzschlussreaktionen führen, vor denen wir Eltern selbst erschrecken.
Inbesondere, wer selbst ein gefühlsstarkes Kind war, das seine intensiven Emotionen nicht gefahrlos und angstfrei ausleben und zeigen konnte, hat zwar oft irgendwie gelernt, sich den Erwartungen anzupassen und seine Gefühle zu unterdrücken. Doch der schlimme Eindruck irgendwie falsch zu sein, so, wie man ist, bleibt tief in uns gespeichert,“ beschreibt Nora diese Erfahrung.
Gefühlsstarke Eltern werden oft vom Verhalten ihrer Kinder getriggert und an die eigenen Verletzungen erinnert. Dann kommt die unterdrückte Wut oder Angst hervor – ausgerechnet dem eigenen Kind gegenüber. Auch das beschreibt die Autorin als menschlich. Doch müssen sich diese Eltern den alten Wunden stellen und so verhindern, dass sie von der Gefühlsachterbahn ihrer Kinder mitgerissen werden und die Situation eskaliert.
4. Kapitel: „Mit intensiven Gefühlen klar kommen lernen“
Das letzte Kapitel (etwa 56 Minuten) soll dem Hörer konkrete Handlungsempfehlungen im Umgang mit gefühlsstarken Kindern vermitteln.
Konkrete Handlungsempfehlungen sind unter anderem:
- Eltern sollen über ihre eigenen Gefühle sprechen. Anschließend spiegeln die Eltern die Emotionen der Kinder. So lernen die Kinder das Vokabular und die Unterschiede der Wörter.
- Außerdem sollten Eltern von gefühlsstarken Kindern auf beiden Seiten Stress vermeiden, denn so eskalieren starke Gefühle nicht mehr so schnell und heftig.
- uvwm.
Gewalt
Gefühlsstarke Kinder werden wie andere Kinder auch gewalttätig. Das ist erstmal normal. Nora betont allerdings, dass ein Kind in dieser akuten Stresssituation nicht lernfähig ist. Mahnen und erklären, bringt in diesen Wutmomenten nicht. Dies muss stattdessen in ruhigen, angstfreien Momenten erfolgen. Am besten sei laut der Autorin die Gewaltprophylaxe. Wie diese gelingt, erklärt sie ebenfalls im letzten Kapitel.
Fazit
Nora Imlaus Hörbuch von „So viel Freude, so viel Wut“ gibt einen kompakten Überblick über gefühlsstarke Kinder. Es ist vermutlich die Essenz des Buches und dennoch eine Ergänzung. Die Worte, gesprochen von der Autorin selbst, erscheinen so eindringlich, authentisch und überzeugend. Sicherlich auch, weil sie selbst ein gefühlsstarkes Kind hat.
Gut finde ich, dass Nora niemals urteilt. Ein Kind ist genauso richtig, wie es ist. Kein Kind, ob gefühlsstark oder nicht, ist besser oder schlechter. Und niemand trägt Schuld am Charakter oder Persönlichkeitsmerkmal eines Kindes oder Erwachsenen.
Wer bisher dachte, dass mit dem eigenen Kind etwas nicht stimmt, da es so schwer nachvollziehbare Hochs und Tiefs hat, der wird mit diesem Hörbuch leicht feststellen, ob das eigene Kind gefühlsstark ist und konkrete Strategien für ein friedvolles Miteinander erlernen.
Und wenn das Kind nicht gefühlsstark ist? Dann ist das Hörbuch auch für diese Eltern hilfreich. Denn die Bedürfnisse der Kinder sind im Grunde die gleichen. Auch diese Kinder haben Phasen, in denen sie ihre Gefühle stärker ausleben oder weniger. Mit diesem Hörbuch können alle Eltern lernen, ihr Kind durch ein starkes Gefühl (aka Trotzanfall) zu begleiten.
Zuguterletzt können Noras Worte auch ein Gedankenanstoß sein, zu reflektieren, warum wir Eltern so handeln, wie wir handeln. Sind wir vielleicht selbst gefühlsstark? Haben wir Wunden aus unserer Kindheit in uns, die uns bis heute beeinflussen? Sollten wir diese im Interesse unserer Kinder aufarbeiten?
Ich sehe daher dieses Hörbuch als Basislektüre für alle Eltern und finde, dass die 2 Std. 40 Min. eine hervorragend investierte Zeit in sich und das eigene (gefühlsstarke) Kind sind.
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Hört sich interessant an
Das klingt interessant. Vielen Dank für die ausführliche Rezension. Ich bin nicht so der Hörbuchfan. Aber das Buch gibt es bestimmt auch gedruckt ?.
Ich habe es verschlungen ❤️ unsere Frieda ist zwar Hochsensibel und nicht gefühlsstark im Sinne dieses Buches, aber es enthält (egal wie Fühlig die eigenen Kinder sind) so viele wertvolle Tipps.
Ich lass dir auch mal meinen Link da ? https://www.frieda-friedlich.de/2018/06/07/freudeundwut/